AUSGANGSSITUATION

Gut 20 Jahre nach der im Rahmen von INTERREG I durchgeführten Untersuchung des grenzüberschreitenden ÖPNV im PAMINA-Raum (1995) ist das grenzüberschreitende ÖPNV-Angebot nach wie vor nicht befriedigend:
  • Die grenzüberschreitenden Mobilitätsbedingungen haben mit der Zunahme und Intensivierung der funktionalen grenzüberschreitenden Verflechtungen in den vergangenen zwanzig Jahren nicht Schritt gehalten und werden den gegebenen raumstrukturellen Rahmenbedingungen und Entwicklungsperspektiven [2] nicht gerecht.
     
  • Die grenzüberschreitenden Mobilitätsbedingungen sind nicht geeignet, künftige Entwicklungen und individuelle wie raumschaftliche Potenzialentfaltungen im gesellschaftlichen, beschäftigungspolitischen und wirtschaftlichen Ebene grenzüberschreitend zu unterstützen und zu befördern.
Positiven Ansätzen wie den beiden grenzüberschreitenden Streckenreaktivierungen über Lauterbourg und Weißenburg, einer punktuellen Tarifkooperation zwischen dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar und der Région Alsace-Champagne-Ardenne-Lorraine, die vor allem eine touristische Nachfrage bedient, sowie zwei grenzüberschreitenden Busverbindungen zwischen der Pfalz und dem Nordelsass stehen folgende raumbedeutsame Defizite gegenüber:
  • fehlende öffentliche Verkehrsangebote in der Ost-West-Relation, keine ÖPNV-Verbindung zwischen Baden und dem Nordelsass
  • Kanalisierung des (überwiegend MIV-gestützten) Ost-West-Verkehrs über wenige Brücken und Fähren mit teilweise unzureichenden Kapazitäten
  • ​keine konkurrenzfähige grenzüberschreitende ÖPNV-Verbindung zwischen den teilräumlichen Hauptzentren (Haguenau – Karlsruhe/ Haguenau - Landau)
  • ​fehlende Verbindungsstücke im grenzüberschreitenden Radwegenetz
Hinzu kommen Kapazitätsprobleme (unzureichende Fahrzeugkapazitäten mit doppelter Leit- und Sicherungstechnik für grenzüberschreitenden Einsatz) sowie Mängel und Probleme in den Bereichen Bedienungsangebot (unzureichende Koordination und Ausdünnung der Fahrpläne im grenzüberschreitenden Verkehr), Tarifpolitik sowie im Bereich Information & Kommunikation.
Grenzüberschreitende Angebots- und Informationsdefizite bestehen weiterhin in Bezug auf alternative Mobilitätsformen sowie hinsichtlich einer intelligenten Verknüpfung verschiedener Mobilitätsformen (Bildung intermodaler Mobilitätsketten).


VISION - ZIELE

Die gemeinsame Vision besteht darin, die grenzüberschreitenden Mobilitäts- und Austauschbedingungen im Eurodistrikt PAMINA für Menschen und Güter spürbar, nachhaltig und dauerhaft zu verbessern, um hierdurch die territoriale Kohäsion und Zusammenarbeit grenzüberschreitend zu fördern, die Lebensbedingungen zu verbessern und den Standort zu stärken. Die Vision lässt Raum für Projekte, die unter heutigen Bedingungen unrealistisch erscheinen mögen, für deren Sicherung als Zukunftsoption jedoch heute Vorsorge zu treffen ist (z.B. Sicherung der Schienentrasse Haguenau-Roeschwoog-Rastatt und Aufrechterhaltung ihrer Widmung für den Bahnverkehr; grenzüberschreitende Unterstützung bei der Einrichtung eines Testfeldes für autonomes Fahren in der Region Karlsruhe).
 
 Ziel 1: Mobilität für alle
Die Mobilität soll für alle Personengruppen verbessert werden. Unabhängig von Alter, Mobilitätsvoraussetzungen (v.a. Pkw-Verfügbarkeit) und Mobilitätsanlässen (Beruf, Ausbildung, Versorgung, Freizeit) sollen den Bürgerinnen und Bürgern passende Verkehrsangebote zur Verfügung stehen. Dem Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs kommt für dieses Ziel tragende Bedeutung zu.
 
Ziel 2: Stärkung der funktionalen Verflechtungen
Durch die Verbesserung der Mobilitätsbedingungen sollen die grenzüberschreitend bestehenden funktionalen Verflechtungen auf wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene gestärkt und gefördert werden. Anzustreben ist eine größtmögliche Kohärenz zwischen den Hauptachsen im grenzüberschreitenden Verkehr (Berufsverkehr, Versorgungsverkehr, Freizeitverkehr) und dem öffentlichen Verkehrsnetz. Ein besonderer Fokus muss auf die Verbesserung der Verbindungen und Angebote in der Ost-West-Relation gelegt werden. 
 
Ziel 3:  Stärkung nachhaltiger Mobilitätsformen
Die Verbesserung der grenzüberschreitenden Mobilitätsbedingungen soll einen Beitrag dazu leisten, den Anteil umweltschonender Verkehrsarten im Eurodistrikt und am Oberrhein zu erhöhen. Diesem Ziel dienen einerseits der Ausbau öffentlicher Verkehrsangebote auf Straße und Schiene und Verbesserungen im grenzüberschreitenden Radwegenetz, andererseits die Förderung alternativer Mobilitätsformen und die Weiterentwicklung der Intermodalität durch Stärkung der Schnittstellen (Auto/Fahrrad/ÖPNV).
 
Ziel 4: Integration des Gesamtraumes durch angepasste und transparente Mobilitätsangebote  
Die unterschiedlichen Raum- und Siedlungsstrukturen in den Teilräumen erfordern bzw. ermöglichen unterschiedliche, innovative Lösungen zur Verbesserung der Mobilitätsbedingungen. Neben den jeweils bestmöglichen Verkehrsangeboten gilt es grenzüberschreitend Transparenz herzustellen über alle vorhandenen Infrastrukturen, Bedienangebote, Kombinationsmöglichkeiten und Transportkosten. Umfassende, leicht zugängliche Informationsangebote und ein leicht verständliches, einprägsames Tarifsystem können als reale Verbesserungen der Mobilitätsbedingungen erlebt werden und integrierend wirken.
 

 

STUFENPLAN – MASSNAHMEN UND PROJEKTE

Eine Reihe von Maßnahmen und Projekten sind geeignet, einen Beitrag zur Umsetzung der genannten Ziele zu leisten. Die von Experten der zuständigen Akteure (Gebietskörperschaften, ÖPNV-Aufgabenträger) identifizierten Projekte umfassen kurz-, mittel- und langfristig realisierbare Projekte, die den Kern des Aktionsplans PAMINA Mobilität darstellen.
Einige der im Aktionsplan enthaltenen Projekte sind Bestandteil der vom Präsidium der Oberrheinkonferenz am 13. März 2015 beschlossenen Liste prioritärer Verkehrsprojekte, die sich in besonderem Maße für eine europäische Förderung im Rahmen des Programms INTERREG V Oberrhein anbieten.

Die Einordnung der Projekte in eine Kurz- (K), Mittel- (M) oder Langfristperspektive (L) basiert auf einer Einschätzung der Experten. Vorrangig in Angriff genommen werden sollen die kurzfristig realisierbaren Projekte, für die ein Zeitraum von bis zu 5 Jahren zugrunde gelegt wird, was ungefähr der Laufzeit des Programms INTERREG V Oberrhein entspricht. Die Projekte sollen im Rahmen des Möglichen an bereits vorhandene und praktizierte Ansätze anknüpfen bzw. die Stärken unterschiedlicher Ansätze grenzüberschreitend bündeln.
 
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[1] Vgl. Grenzüberschreitende Entwicklungskonzeption Nordelsass-Südpfalz-Mittlerer Oberrhein (1989), Orientierungslinien für die wirtschaftliche und räumliche Entwicklung des PAMINA-Raumes (1996), Raumentwicklungskonzept PAMINA (2002), PAMINA-Leitziele (2005)

[2] z.B. Positionierung der communauté d'agglomération de Haguenau in der Region Grand Est / Positionierung des Eurodistrikt PAMINA als Überlappungsraum von ZukunftsRegion Westpfalz, Metropolregion Rhein-Neckar, TechnologieRegion Karlsruhe, Trinationaler Metropolregion Oberrhein / Positionierung der metropolitanen Grenzregionen als Entwicklungsmotoren in Europa